IM BÜROKRATIEABBAU MEHR MUT ZEIGEN

 

Für die kleinen und mittleren Unternehmen steht das Thema Bürokratieabbau wei­ter­hin an erster Stelle ihrer politischen Anliegen. Diese hohe Priorität wird in Umfrageergeb­nissen immer wieder eindrucksvoll bestätigt. Infolgedessen ist auch das Bewusstsein für die Notwendigkeit der Eindämmung bürokratischer Be­lastungen für Bürger und Unternehmen in Politik und Verwaltung sichtlich ge­wachsen. Die Einrich­tung des Normenkontrollrats und weitere Maßnahmen zur Umsetzung des Regierungspro­gramms „Bürokratieabbau und bessere Rechtset­zung“ sind hierfür nur ein Beleg. Die Vielzahl der beteiligten Akteure auf allen Ebenen von Politik und Verwal­tung einschließlich der EU, aber auch eine nicht immer mögliche klare Abgren­zung zwischen Verfahren und Inhalten bzw. Zielen einer Regulierung erschweren die Konsensfindung zum Abbau büro­kratischer Belastungen ganz erheblich. Dies darf allerdings kein Grund sein, den Ehrgeiz zu verlieren und den Mut sinken zu lassen. Dass die Dyna­mik, mit der Bürokratie eingedämmt wird, von der Dynamik des Bürokratie­auf­baus durch neue Gesetze übertroffen wird, hat auch der Normenkon­trollrat mit seinem letzten Bericht deutlich gemacht. Der Abbau büro­kratischer Belastun­gen durch die Überprüfung bestehender Regelungen muss deshalb mit der Ex-ante-Kontrolle neuer Regulierungsvorhaben Hand in Hand gehen. Gefordert sind wei­tere Verbesserungen in der Systematik und den Ver­fahren des Bürokratieabbaus ebenso wie Einzelinitiativen zur Beseitigung spezi­fischer Hemmnisse.

 

 

 

Mit der Erweiterung des Mandats des Normenkontrollrates, der nun neben den Bürokratiekosten aufgrund von Informationspflichten auch den Erfüllungsauf­wand neuer Regulierungen ex-ante überprüft, ist in Deutschland ein weiterer wichtiger Schritt getan worden. In Brüssel, wo ein wesentlicher Teil bürokratischer Lasten durch europäische Rechtsetzung mitverursacht wird, ist ein entsprechender Standard längst nicht erreicht, auch wenn die Hochran­gige Gruppe zum EU-Bürokratieabbau gute Arbeit leistet. Ihre Empfehlun­gen bleiben letztlich jedoch unverbindliche Appelle. Die Bundesregie­rung ist des­halb gefordert, mit großer Entschiedenheit auf die Etablierung eines Gremi­ums in Brüssel hinzuwirken, dessen Befugnisse zumindest nicht hinter denen des deutschen Normenkontrollrates zurückbleiben. In Deutschland sollte den Vo­ten des Normenkontrollrates dadurch mehr Gewicht verliehen werden, dass neue Gesetze und Verordnungen, die den Voten des Rates nicht Rechnung tra­gen, automatisch nach spätestens 3 Jahren von einer unabhängigen Experten­gruppe auf die mit ihnen verbunde­nen bürokratischen Belastungen hin über­prüft werden. Der Prüfbericht ist dann mit einer Stellungnahme der Bundesregie­rung dem Bundestag zuzuleiten.

 

In der Nutzung moderner elektroni­scher Verfahren liegt ein erhebliches Potential, bürokrati­sche Lasten zu verringern. Die mittelständische Wirtschaft plädiert deshalb für eine stär­kere Nutzung auf allen Ebenen und Einsatzfeldern. Allerdings ist hier häufig eine fatale Umkehrung der Prioritäten festzustellen, indem derartige Ansätze auf die Verwaltungsvereinfachung fokussiert werden und dabei das Ziel der Ver­minde­rung von Bürokratie für Bürger und vor allem für kleine Unterneh­men auf der Strecke bleibt. Die Einführung der E-Bilanz ist hierfür beispielhaft.

 

Selbständige und kleine und mittlere Unternehmen haben eine kaum darstell­bare Vielzahl bürokratischer Belastungen zu tragen. Neben den systematischen An­sätzen zur Reduzierung von Bürokratielasten gilt es immer wieder, auch ein­zelne Regulierun­gen herauszugreifen, um sie auf ihre Berechtigung und auf

Ver­einfachungsmöglichkei­ten hin zu überprüfen und auf die politische Tagesord­nung zu setzen. Der VDU greift hierzu ohne Anspruch auf Vollständig­keit einige für den Mittelstand besonders gravierende Themen auf:

  • Die Abführung von Lohn- und Einkommensteuer sowie der Sozialversi­cherungs­beiträge an Finanzämter und Beitragseinzugsstel­len gehört zu den gewichti­gen Posten des versteckten öffentlichen Be­darfs, den Bürger und Unternehmen unentgelt­lich für die öffentlichen Hände erbringen. Während die Lohnsteuerzahlungen zentral an das für den Arbeitgeber zuständige Finanzamt und nicht an die verschiede­nen Wohnsitzfinanzämter der Arbeitnehmer abgeführt werden, müssen die Sozi­alversiche­rungsbeiträge und Beitragsnachweise individuell an die jewei­ligen Krankenversi­cherungen überwiesen werden, obwohl die Bei­tragssätze zur gesetzlichen Krankenkasse inzwischen vereinheitlicht wor­den sind und die Beiträge gebündelt an den Gesundheitsfonds weiterge­leitet werden. Der VDU fordert, den Beitragseinzug je Betrieb über eine einzige Kasse abwickeln zu können. Das Unternehmen muss diese Kasse selbst bestimmen und danach auswählen können, wie effi­zient diese das Einzugsver­fahren und die Beitragsverwaltung gestaltet.
  •  Mit der Einführung der Pflicht zur Vorauszahlung der Sozialversiche­rungsbei­träge im Jahr 2005 waren den Arbeitgebern erhebliche bürokrati­sche Lasten entstanden, deren Höhe durch den einmalig erziel­ten Liquiditätsvorteil für die Sozialkas­sen in keiner Weise gerechtfer­tigt werden konnte. Hierauf hatte der Gesetzge­ber reagiert und eine für die Unternehmen besser administrierbare Lösung eingeführt. Es bleibt aller­dings bei einem zweistufigen System mit nachträglicher Korrektur der zunächst pauschal ermittelten Beiträge, der Vorfinanzierung der Bei­träge durch die Unternehmen sowie der fehlenden Synchronisation der Fälligkeitster­mine von Sozialabgaben und Lohnsteuern. Der VDU setzt sich deshalb für einen mit dem Steuerter­min am 10. jedes Folgemonats harmonisierten Abführungster­min der Gesamtsozialversicherungsbeiträge ein. Angesichts der aktuell hervorragen­den Kassenlage der Sozialversicherungen ließe sich eine solche, nur die Liquidität, nicht aber die Einnahmen der Sozialversicherungsträger belastende Maßnahme unproblematisch realisieren.
  • Viele kleine und mittlere Unternehmen übertragen die Verarbeitung ih­rer Da­ten, z. B. Buchhaltung und Lohnbuchhaltung an darauf speziali­sierte Unternehmen. Soweit es sich dabei um personenbezogene Daten han­delt, legt § 11 Bundesdatenschutzge­setz (BDSG) dem Auftrag geben­den Unternehmen umfangreiche, regelmäßig auszuführende Kon­troll- und Dokumentationspflichten auf. Dass diese Vorschrift auch den kon­zerninternen Datenaustausch erschwert, hat die Politik bereits aner­kannt. Der VDU fordert bei einer Überarbeitung nicht nur den berechtig­ten Problemen großer Konzerne Rechnung zu tragen, sondern vor allem auch die kleinen Unternehmen mit bis zu 20 Arbeitnehmern bei der Auftragsdatenverarbeitung von der Verpflichtung zur regelmäßi­gen Nachkontrolle und deren Dokumentation zu entbin­den, so­fern der Auftragnehmer regelmäßig die Erfüllung der Anforderungen des § 11 BDSG schriftlich bestätigt.